Lions Club Bad Marienberg besucht die Gedenkstätte Hadamar
Wussten wir alle, was uns bei diesem Besuch am 22. Oktober 2024 in Hadamar erwartet? Vielleicht nicht bis ins Detail. Schockierende Tatsachen wie die tödliche Effizienz, mit der die „Aktion T4“ hier ab Januar 1940 in die grausame Tat umgewandelt wurde, war vielen Teilnehmern dieses Lions Club Außentermins nicht bekannt. Ein Beispiel hierfür ist der spezielle Estrich direkt neben der Gaskammer im Keller der Anstalt. Über diesen Belag, der in Verbindung mit Feuchtigkeit rutschig wird, konnten die Opfer leicht „transportiert“ werden. Ein perfides Detail, dass den Charakter der industriellen Vernichtung unerwünschter Menschen im Nationalsozialismus vorausnimmt.
Graue Busse und eine beeindruckende Gedenkstätte
Graue Busse holten die ausgewählten Patientinnen und Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten im Deutschen Reich ab und brachten sie in insgesamt sechs Tötungsanstalten, die von der „T4“-Zentrale in Bernburg, Brandenburg, Grafeneck, Hadamar, Hartheim (heute Österreich) und Pirna-Sonnenstein eingerichtet worden waren.
Dort wurden die Patienten und Patientinnen in Gaskammern mit Kohlenmonoxyd erstickt. Als (vermeintlich) psychisch kranke oder behinderte Menschen wurde ihnen im Rahmen der NS-„Euthanasie“ das Recht auf Leben abgesprochen. Die „Aktion T4“ endete am 24. August 1941. Jedoch wurde auch danach in den Heil- und Pflegeanstalten weiter gemordet.
In Hadamar wurden im Rahmen der „Aktion T4“ zwischen dem 13. Januar 1941 und dem 21. August 1941 über 10.000 Menschen getötet.
Die Gedenkstätte dokumentiert in ihrer Ausstellung anschaulich einzelne Schicksale wie das von Rosa Schilling (geb. 1899 als Rosa Antonette Hubertine Droste in Würselen). Sie wuchs in einer wohlsituierten Kaufmannsfamilie auf und erlebte eine unbeschwerte Kindheit und Jugendzeit.
Sie heiratete und bekam zwei Kinder. 1929 ging die Familie nach Borneo, da ihr Mann dort eine Stelle bei einer niederländischen Firma angenommen hatte. Als er 1930 starb, kehrte sie mit den Kindern nach Deutschland zurück. Hier starb ihre Tochter 1931 an Malaria.
Rosa hatte zunehmend psychische Probleme und nach Weinkrämpfen wurde sie 1932 von ihrem Bruder in eine Heilanstalt in der Nähe von Aachen gebracht. Diesem ersten Anstaltsaufenthalt folgten weitere Unterbringungen, bis sie 1936 in die Heil- und Pflegeanstalt Galkhausen eingewiesen wurde. Dort wurde ihr die Diagnose „paranoide Schizophrenie“ zugeschrieben.
„Rosa fügte sich nicht in das Anstaltsleben ein.“ Für Ärzte und Pflegepersonal war sie eine rebellische, aufsässige Patientin. Rosas Willen konnten sie nicht brechen, ihre kritischen Äußerungen über Hitler und das Naziregime nicht stoppen. So nannte sie Hitler einen Schweinehund, der seine Leute mit „Kraft durch Freude“ fange.*
Am 2. Mai 1941 wurde Rosa Antonette Hubertine Schillings aus der Anstalt Galkhausen mit über 100 weiteren Patienten und Patientinnen nach Hadamar transportiert. Ihre Angehörigen erhielten später eine Benachrichtigung, dass Rosa am 26. Mai 1941 an Leukämie verstorben sei. Tatsächlich wurde sie am Tag ihrer Ankunft in der Gaskammer der Tötungsanstalt Hadamar ermordet.
Für die Mitglieder des Lions Clubs Bad Marienberg war es ein überaus beeindruckender Besuch und ein Gang durch einen Teil des schwärzesten Kapitels unserer Geschichte. „Nie wieder!“ Keine Aussage, keine Headline könnte es besser treffen.
Vielen Dank an die Mitglieder des Fördervereins der Gedenkstätte für die anschauliche Führung!
Mehr Informationen: www.gedenkstaette-hadamar.de
B. Hombach
* Das Zitat stammt aus dem 2017 bei Spiegel.de erschienen Artikel „Ich bin ohne Sinnen gestorben“.