Tierisch stAHRk Eifel e.V.: Wir sind stark beeindruckt

Ein Besuch bei bunten Pferden, einem Hund mit Charakter, einer Region, die zusammensteht und außergewöhnlichen Menschen, die Großartiges leisten.

Die Flut an der Ahr hat unfassbar viel zerstört. Vieles ist auch 15 Monate nach der furchtbaren Nacht noch sichtbar und es wird lange dauern, bis diese offensichtlichen Wunden heilen. Schlimmer sind aber die, die das Auge gar nicht sieht. Das seelische Trauma, das die Menschen in der Region seit damals tragen, ist nicht auf den ersten Blick sichtbar. Vor allem bei Kindern hat die Naturkatastrophe Spuren hinterlassen, die längst noch nicht bewältigt sind.

Umso mehr werden Menschen wie Heike Holz gebraucht, die mit ihrem Verein Tierisch StAHRk Eifel e.V. von der ersten Minute an da waren und geholfen haben. Unkonventionell. Direkt. Ohne Bürokratie und weitere Belastung für Familien, für die nichts mehr so ist, wie es vor der Flut war.

Das Wetter lässt das Gefühl von Hochsommer aufkommen, als wir vor „WakaWaka“,  so haben die Kids das Herzstück des Vereins Tierisch stAHRk Eifel e.V., ihr Begegnungszentrum im ehemaligen Gasthaus von Heike Holz, genannt, ankommen.

Empfangen werden wir hier von Herbert Heppener, Traumapädagoge, Autor und Kaltblut-Besitzer, der den Verein aktiv unterstützt. Er begrüßt uns herzlich und erklärt, dass die Kids gerade noch zusammen frühstücken und gleich zu den Pferden aufbrechen – danach können wir uns in Ruhe die Räumlichkeiten anschauen. Das passt prima, denn wir – vier Lions vom Club Bad Marienberg – sind nicht gekommen, um ein „Scheckfoto mit Kind“ zu machen. Nein, wir möchten einen echten Einblick in die Arbeit des Vereins und der Menschen, die ihn ausmachen, gewinnen, ohne die Kinder in ihrem Tagesablauf zu stören.

“Sicherheit und Entwicklung, das sind die beiden Begriffe, die den Kern unserer Arbeit hier ausmachen. Die Flut hat genau das für viele Kinder beeinträchtig oder ganz zerstört. Wir geben ihnen Raum, die Sicherheit und die Möglichkeit zur Entwicklung – ohne Wertung, ohne Druck“,

erläutert Herbert Heppener. „Was sich jetzt vielleicht antiautoritär anhört; nein, das ist es nicht. Es gibt Regeln, Strukturen, Räume. Aber Taktgeber und Kern unseres Handelns sind die Kinder. Sie geben das Tempo –  ihr Tempo – vor. Sie sind in alle Prozesse involviert und identifizieren sich sehr stark mit dem Projekt.“

Heike Holz, Therapeutin, Initiatorin und Gründerin des Vereins begleitet das Frühstück der Kinder und kommt zwischendurch kurz zu uns nach draußen. Sie ist eine echte Macherin: Sie hat kurz nach der Flut einfach gehandelt und zuerst mit privaten Mitteln geholfen, bevor der Verein gegründet wurde. Sie hat „den Ball gefangen“, ohne zu schauen, wie groß, schwer oder bunt er wohl sein könnte.

Inzwischen werden 19 Kinder zwischen 6 und 12 Jahren am Wochenende ganztags betreut. Es ist eine tiergestützte Betreuung, bei der Nero, der Altdeutsche Schäferhund von Heike Holz, und ihre momentan aus 6 (Therapie-)Pferden bestehende Herde tragende Rollen spielen. Mithilfe von Spenden – auch vom Lions Club Bad Marienberg – konnte ein Roundpen-Reitplatz angelegt werden, der als Basis der Arbeit mit den Pferden dient.

Doch zuerst geht es für uns, nachdem die Kinder auf dem Weg zu den Pferden sind, ins WakaWaka selbst. Wir sind ehrlich beeindruckt von den tollen Veränderungen, die in der Zeit seit dem ersten Besuch von Thomas Kaleja, Past-Präsident des Lions Clubs Bad Marienberg und Initiator der Zusammenarbeit, realisiert wurden. Nach und nach werden die Räume mit Hilfe von Spenden und durch ehrenamtliche Helfer – und mit tatkräftiger Beteiligung und viel Input von den Kindern – renoviert. Die Dusch- und Toilettenräume wurden gemeinsam mit den Kids gefliest, der Austausch von verschiedenen Fenstern und Türen ist geplant. Inzwischen wurde auch der ehemalige Saal der früheren Gaststätte zu einer kleinen „Heiligen Halle in Kinderhand“ umgestaltet, denn Erwachsene sind hier nur mit wenigen Ausnahmen erlaubt.

Als nächstes ist ein sogenannter „Snoezelen-Raum“ geplant, der zur seelischen Entspannung der Kinder beitragen wird, die häufig stark unter dem katastrophenbedingten Stress in ihren Familien leiden – und ihre eigenen Bedürfnisse unterdrücken, um ihre Eltern nicht noch weiter zu belasten.

(Anmerkung: Der Begriff Snoezelen beschreibt ein innovatives Therapiekonzept, das zur Stimulation der sensitiven Wahrnehmung, zur Förderung der körperlichen und seelischen Entspannung und Konzentrationssteigerung eingesetzt wird. Ein Raum wird durch Lichtquellen in verschiedene Farben getaucht. Projektoren und andere Elemente erzeugen visuelle Effekte, weiche Polster laden zum Entspannen ein. Der Snoezelen-Raum ist Therapieraum für einzelne, besonders förderungsbedürftige Kinder oder Gruppen.) 

Anschließend fahren wir mit Herbert Heppener zur nächsten Besuchsstation: Zu einer Koppel, auf der seine zwei Kaltblut-Pferde stehen. Beide beobachten uns mit bestenfalls mildem Interesse, als wir zu fünft auf ihrer Wiese unterwegs sind. Völlig tiefenentspannt stehen die Belgische Kaltblutstute und der Rheinisch-Deutsche Kaltblutwallach da und lassen sich bei ihrem Frühstück kaum stören. Sie werden die Hauptdarsteller im nächsten Projekt des Vereins sein, erläutert der Traumapädaoge. Derzeit werden die beiden Schwergewichte auf eine Ausbildung zu Holzrückepferden (gerade in Zeiten des flächendeckenden, dürrebedingten Waldsterbens eine nachhaltige Alternative zu bodenverdichtenden Harvestern) vorbereitet. Natürlich werden die Kids nicht in den aktiven Dienst im Wald gehen, aber Übungen und Parcours im Roundpen mit den Tieren sind geplant. Eine Aktion, die besonders für Jungs interessant sein dürfte, die vielleicht die Arbeit mit Pferden bisher eher als „was für Mädchen“ angesehen haben.

Von den Kaltblütern geht es dann auf den Reitplatz, wo die Mädchen aus der Gruppe die Pferde abreiben und auf die Koppel bringen. Die sommerlichen Temperaturen machen auch den Tieren zu schaffen und daher war es an diesem Tag nur ein relativ kurzes Reitvergnügen. Dafür setzt man sich aber zu einem spontanen Picknick zusammen, spielt Federball auf der riesigen, angrenzenden Wiese und hat einfach Spaß miteinander. Auch wir Lions werden mit versorgt und bekommen zum Abschied ein schönes selbst gemaltes Bild als Dankeschön.

 Wir sind zutiefst beeindruckt.  Vor allen Dingen von Heike, Vera, Herbert und ihren fleißigen Unterstützern, die einfach gehandelt haben, um Kindern und ihren Familien in der Not zu helfen. Und die es weiterhin tun, denn die Arbeit des Vereins ist auf eine nachhaltige, langfristige Betreuung der Kinder ausgelegt, deren Traumata nur sehr langsam, in kleinen Schritten (die auch durchaus manchmal zur Seite oder zurück gehen) gelöst und Stück für Stück verarbeitet werden können. Wir bleiben in Verbindung und möchten gerne Teil der positiven Veränderungen sein, die dieser Verein mit seiner Arbeit initiiert. Wir freuen uns darauf.

 

Wer den Verein Tierisch stAHRk Eifel e.V. unterstützen möchte, kann das mit einer Spende auf diese Konten tun: Tierisch stAHRk Eifel e.V., IBAN DE25 5575 1310 1000 594273, MALADE51AHR

Oder: Förderverein Lions Club Bad Marienberg, IBAN: DE72 5735 1030 0000 1324 49, BIC MALADE51AKI, Stichwort „Tierisch stAHRk“.

(Barbara Hombach)

Fotos: Barbara Hombach und Thomas Kaleja

Lions engagieren sich als internationale Hilfsorganisation weltweit  mit ihren 1.3 Millionen aktiven Mitgliedern insbesondere für die Förderung von Kindern und Jugendlichen.  Mit dem Lions-eigenen Lebenskompetenz- und Präventivprogramm „Lions-Quest“ sollen Schulen, Lehrer/innen und Schüler/innen gleichermaßen stark für ein gutes Miteinander gemacht werden. Dieser Einsatz ist es wert,  denn es sind die Schulen und ihre engagierten Lehrer, die unseren Kindern die richtigen Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen.